Ungeheuerliche Entgleisung

Leser­brief von Tobias Stephan
Man stelle sich vor, ein Man­dat­sträger der CSU würde im Jahre 2021 vor der „Ori­en­tal­isierung Dachau“ war­nen und dass Dachau bald wie Sanaa ausse­hen kön­nte. Ein Sturm der Entrüs­tung würde los­brechen, Vor­würfe wie Pop­ulis­mus oder der­gle­ichen stün­den sofort im Raum. Und das zu Recht! Kai Küh­nel, der 2. Bürg­er­meis­ter der Großen Kreis­stadt Dachau kann dies aber in ein­er Bauauss­chuss-Sitzung tun, ohne dass auch nur mit der Wim­per gezuckt wird. Grund sein­er Aus­fälle: Die Nov­el­lierung der Bay­erischen Bauord­nung kön­nte wom­öglich dazu führen, dass in Dachau anders gebaut wird als bish­er gewohnt. Aus­gerech­net die Grup­pierun­gen, die ständig laut­stark man­gel­nden bezahlbaren Wohn­raum, die zu hohe Flächen­ver­siegelung und ähn­lich­es monieren, argu­men­tieren in dieser zen­tralen Frage nun auf ein­mal mit höchst sub­jek­tiv­en Geschmacks­fra­gen. Da wird sog­ar ein Baustil der „klas­sis­chen Dachauer Häuser“ ins Feld geführt, um nur ja etwas Neues zu ver­hin­dern. Mit dieser Logik hätte man sich im let­zten Jahrhun­dert auch das Teeren der Straßen schenken kön­nen, denn die Pfer­de­fuhrw­erke und Ochsenkar­ren hat­ten es bis dahin ja auch ohne geschafft. 
 
Viele andere Bun­deslän­der haben die Regeln, die jet­zt in Dachau so laut­stark kri­tisiert wer­den, bere­its längst umge­set­zt. In Baden-Würt­tem­berg übri­gens auf Bestreben der Grü­nen. Von der Ori­en­tal­isierung Tübin­gens oder Böblin­gens ist seit­dem jeden­falls nichts bekan­nt gewor­den. Müßig übri­gens zu erwäh­nen, dass der architek­tonis­chen Sua­da des 2. Bürg­er­meis­ters noch ein Chau­vit­ritt ans Schien­bein von Staatsmin­is­terin Ker­stin Schrey­er fol­gte. Für ihn unvorstell­bar, dass 2021 eine – höhö — “gel­ernte Sozialpäd­a­gogin” als Bau­min­is­terin tätig sein kann. Für diese pein­lichen und bornierten Aus­fälle sollte sich Kai Küh­nel entschuldigen.